IG Wiebachtal - Chronik

Unser Jahr 2016

 

Radevormwald, im Dezember 2016

 

 

Liebe Freunde und Förderer des Wiebachtals,

 

hinter uns liegt ein ereignisreiches und bewegtes Jahr, in dem es leider nicht nur Grund zur Freude gab. 2016 war auch deshalb ein besonderes Jahr für uns, weil wir zum ersten Mal seit fünf Jahren keine Bäume gepflanzt, sondern stattdessen intensiven Schriftverkehr mit Behörden und Ämtern geführt, zahlreiche Ortsbegehungen durchgeführt und Gutachten angefordert haben.

Denn leider hat sich in diesem Jahr wieder einmal gezeigt, dass die rein ´bürokratische´ Unterschutzstellung des Wiebachtals nichts bewirkt, wenn sie nicht auch inhaltlich mit Leben gefüllt wird!

 

Besondere Highlights waren die Besuche des Landrates Herrn Jochen Hagt und unseres neues Bürgermeisters Herrn Johannes Mans, die uns darin bestärkt haben, mit unserem Einsatz für den Erhalt des Wiebachtals nicht nachzulassen.

 

Aber wir wollen der Reihe nach berichten.

 

Nach dem Verkauf des ehemaligen Staatsforstes Wiebachtal im Jahr 2007 an einen Holzgroßhändler, wurden in mehreren Zügen alle schlagreifen Fichten geerntet. Nachdem der sog. 'Platte Kopp' mittlerweile kaum noch wirtschaftlich interessante Fichten aufweist, wurde Anfang Januar in großem Umfang und mit schweren Maschinen Buche eingeschlagen. Die Arbeitsweise erinnerte sehr an Plantagenwirtschaft und die Rücke- und Wegeschäden waren und sind gewaltig. Insgesamt war diese Erntemaßnahme deutlich massiver, als man hätte erwarten können und  in Form und Umfang an und in einem Naturschutzgebiet völlig inakzeptabel

Diese starke Durchforstung mit (verhältnismäßig) junger Buche, die noch mindestens 20 bis 40 Jahre bis zur Erntereife hätte stehen bleiben können, ist weder unter ökonomischen, noch unter ökologischen Gesichtspunkten sinnvoll. Es steht zu befürchten, dass gerade in den besonders intensiv bearbeiteten Bereichen in den nächsten Jahren - auch durch zu erwartende Sturmschäden - weder Buchen noch Fichten stehen bleiben werden. Und dass hier Zukunftsbäume des Wiebachtals vermutlich zu Pellets verarbeitet werden, kann nur als Provokation gewertet werden!

 

Da der dehnbare Begriff der 'guten fachlichen Praxis' kaum Einschränkungen bei der forstlichen Nutzung des Naturschutzgebietes erhebt und sowohl die Einschläge, als auch die rücksichtslosen Rückeaktivitäten legitimiert, führen wir seit Januar intensiven Schriftverkehr mit den Forst- und Landschaftsbehörden, aber auch mit den Landesvorsitzenden von BUND und NABU, sowie unserem NRW-Umweltminister, Herrn Johannes Remmel. Die abschließende Stellungnahme des Umweltamtes steht nach fast einem Jahr noch immer aus.

 

Unsere beliebte Winterwanderung Ende Januar haben wir schweren Herzens wetterbedingt leider absagen müssen. Starker Frost und Regen hatte Straßen und Wege in spiegelglatte Eisflächen verwandelt und insbesondere dort, wo Rinnsale und kleine Bachläufe die Wanderwege überspülen, waren diese unpassierbar. Ein paar Unerschrockene ließen sich jedoch nicht davon abhalten, mit uns auf eigene Verantwortung durchs Wiebachtal zu wandern und genossen das herrliche Winterwetter.

 

Das schönste Geschenk in diesem Jahr erhielten wir im Februar von der Familie Reinbott: eine bunte Bank aus Skiern bereichert nun unseren Kinderwald. Von hier aus kann man den großartigen Blick über die Pflanzfläche genießen und den kleinen Buchen beim Wachsen zuschauen. Ein Besuch lohnt zu jeder Jahreszeit!

 

Unser Bürgermeister Johannes Mans, sowie Vertreter der CDU und der Bündnis90/ Die Grünen waren im Februar unserer Einladung gefolgt, um sich vor Ort einen Eindruck von den Einschlägen am Platten Kopp zu verschaffen. Wir bedauern sehr, dass der erste Besuch von Herrn Mans im Wiebachtal von den Auswirkungen der Fällarbeiten und den matschigen Wegen geprägt war. Bürgermeister und Politiker waren betroffen von der Art und Weise, wie hier 'ordnungsgemäße Forstwirtschaft' betrieben wurde. Wohlwissend, dass die Stadt wichtigere Baustellen hat, wissen wir umso mehr zu schätzen, dass sie sich die Zeit genommen haben, sich intensiv mit uns über die angespannte Situation in diesem Naturschutzgebiet auszutauschen - auch das Wiebachtal ist Radevormwald!

 

Ende Februar erschien die Stadtchronik des Bergischen Geschichtsvereins anläßlich des 700jährigen Bestehens der Stadt Radevormwald. Zu Wort kommen Wissenschaftler, Historiker, Kunsthistoriker, aber auch Journalisten und Zeitzeugen. So entstanden völlig unterschiedliche Texte – wissenschaftliche Abhandlungen, autobiographische Erzählungen, Berichte über Einrichtungen der Stadt und Geschichten über besondere Menschen. Und natürlich ist auch ein Kapitel über die Geschichte des Wiebachtals dabei ...

 

Bereits zum 6. Mal war der WDR zu Gast bei uns im Wiebachtal. Anlaß waren die Einschläge am 'Platten Kopp' im Januar des Jahres. Unter dem Titel 'Rade: Bürger gegen Waldbesitzer' wurde der Beitrag in der WDR Lokalzeit Bergisches Land im März ausgestrahlt. Im Gespräch waren auch der Fachgebietsleiter Hoheit des Regionalforstamtes Bergisches Land, der stellvertretende Bürgermeister von Radevormwald, sowie der belgische Waldbesitzer und Holzhändler.

 

Die Hauptversammlung im April war - neben dem Rückblick auf 2015 - vor allem geprägt von der Diskussion über die forstlichen Aktivitäten und deren Auswirkungen auf das Naturschutzgebiet, aber auch auf die Infrastruktur der Wanderwege. Die Mitglieder waren sich einig, dass alle Bemühungen um Wiederherstellung und Aufwertung des Wiebachtals langfristig wenig erfolgreich sind, solange das Naturschutzgebiet nicht vom jeweiligen Waldeigentümer wertgeschätzt wird. Ein Rückkauf der Fläche ist daher weiterhin unser Ziel.

 

Trotz des "bergischen" Wetters waren im April viele Helfer gekommen, um mit uns das Wiebachtal aufzuräumen. Besondere Unterstützung hatten wir von der F1 der Tuspo Dahlhausen, dem Jugendrotkreuz Radevormwald und vielen Anwohnern aus Ispingradern. Erfreuliche Bilanz des Nachmittags: entlang der Hauptwanderwege fand sich – trotz der stark gestiegenen Freizeitnutzung in den letzten Jahren – verhältnismäßig wenig Müll. Anders sah es leider am Vorsperrendamm aus, denn hier treffen mehrere Wanderwege aufeinander, die Bänke laden zum Verweilen ein und der Wind treibt viel Abfall in die Wupperkehre. 12 große Müllsäcke waren schnell voll, doch leider war aufgrund des hohen Wasserstands an die richtig scheußlichen Sachen gar nicht dranzukommen. Hier hat der Wupperverband Abhilfe zugesagt.

 

"Gemeinsam wandern – Vielfalt der Natur erleben!" unter diesem Motto des BfN stand unsere Mai-Wanderung durch das Wiebachtal, die gleichzeitig auch eine der Auftaktveranstaltungen für die Bergische Wanderwoche war. Rund 40 kleine und große Wanderer waren mit uns unterwegs, um etwas über die Flora und Fauna des Wiebachtals zu erfahren. Der Vorsitzende des RBN, Dietmar Fennel, wusste dabei so manche Besonderheit und Kuriosität der Tier- und Pflanzenwelt zu berichten und lud dazu ein, das Wiebachtal einmal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

 

Das kurzfristig ausgesprochene Betretungsverbot des belgischen Waldeigentümers aufgrund geplanter Forstarbeiten an diesem Tag (und nur an diesem Tag (!)) hatte allerdings dazu geführt, dass wir unsere naturkundliche Wanderung durchs Wiebachtal kurzentschlossen neu geplant haben. Zum Glück ist das Wiebachtal ja weitläufig genug...

 

Im Juni fand das längst überfällige Gespräch mit dem Leiter des Regionalforstamtes Bergisches Land, sowie dem Leiter des Fachgebietes Hoheit im Regionalforstamt Bergischen Land über die aktuelle Situation im Wiebachtal statt. Nach einer ausführlichen Darstellung des Wald- und Wegezustands vor und nach den Einschlägen, kam es zu einer lebhaften Diskussion, bei der die Vertreter von Wald und Holz die Meinung vertraten, dass es aus forstlicher Sicht keine Beanstandungen zu der Art der Waldbewirtschaftung gäbe; beide räumten jedoch ein, dass das Landesforstgesetz NRW ggü. dem anderer Bundesländer sehr "liberal" sei. Man wolle jedoch  – auf Basis unserer Kritikpunkte – die Situation noch einmal persönlich vor Ort in Augenschein nehmen.

 

Unerschrocken und wetterfest musste man bei dem wirklich scheußlichen Wetter während unserer Wanderung im Juni schon sein, wenn man etwas über die Anfänge der Waldschmiedezeit im Wiebachtal oder über den ältesten Haferkasten seiner Art erfahren wollte. Leider mussten wir die historische Exkursion aufgrund des Starkregens deutlich verkürzen und haben deshalb einen Teil der Ausführungen von Bernhard Priggel kurzentschlossen ans Kaminfeuer mit heißem Kaffee und unserem 'Original Wiebachtaler Bärlauchbrot' verlegt.

 

Im Juli schließlich fand die geplante Begehung des Wiebachtals mit dem Fachgebietsleiter Hoheit des Regionalforstamtes Bergisches Land vor Ort statt. Dabei ging es um die Begutachtung und Prüfung potentieller Verstöße des Waldeigentümers gegen die NSG-VO aber auch gegen Landesforst- und Bundeswaldgesetz, insbesondere um die Größe der Kahlhiebe, die Förderung der Bodenerosion, Verringerung des Laubwaldbestandes und Wiederaufforstung mit Nadelbäumen, die Zerstörung von Quellen und Quellsümpfen, aber auch die nichterfolgte Wiederaufforstung von Kahlhieben innerhalb der gesetzlich vorgeschrieben Zeit. Hier hätten wir eine frühere Besichtigung der Situation sehr begrüßt, denn in der Vegetationsphase von Farn und Riesenspringkraut war eine objektive Bewertung von bspw. Aufforstungsmaßnahmen nicht wirklich sinnvoll. Ein weiterer Termin wurde für die vegetationsarme Periode vereinbart.

 

Verständlicherweise sind wir mehr als verärgert, dass zu all den o.g. Punkten, die wir seit Jahren gegenüber dem Forstamt und der Unteren Landschaftsbehörde anmahnen, dokumentieren und verschriftlichen, in der Vergangenheit keine Stellung bezogen wurde. Erst auf wiederholte Hinweise und Anzeigen hin, wurde die Forstbehörde nun tätig.

 

Aufgrund von Einschlägen am Wahler Berg im Juli war der Bergische Panoramasteig von Radevormwald in Richtung Vorsperre in der Hauptwandersaison für mehr als drei Wochen unpassierbar. Dass ein gefahrloses Durchkommen nicht möglich war, bekamen auch etliche Wanderer und Tagestouristen zu spüren, die auf halbem Weg zur Umkehr gezwungen wurden. Den Unmut der Wanderer haben wir in diesen Wochen sehr deutlich zu spüren bekommen! Hinweise auf die Fällarbeiten in der lokalen Presse oder über die Naturarena Bergisches Land hätte manchen Ärger sicherlich vermeiden können.

 

Der Landrat des Oberbergischen Kreises Jochen Hagt und Bürgermeister Johannes Mans waren im Juli zu Gast bei uns im Wiebachtal. In rustikaler Atmospäre und unserem 'Original Wiebachtaler Bärlauchbrot' konnten wir den Gästen in einem rund zweistündigen Gespräch einen Überblick über unsere Vereinsarbeit, aber auch über die Sorgen und Nöte dieses besonderen Naturschutzgebietes geben. Auch die weniger erfreulichen Themen, deren Auswirkungen auf den Tourismus und Lösungsmöglichkeiten wurden offen diskutiert. Für uns war es ein mehr als erfolgreicher Abend und wir wissen es sehr zu schätzen, dass sich Landrat und Bürgermeister die Zeit für uns genommen haben.

 

Gerne sind wir der Einladung der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Radevormwald gefolgt, im September im Rahmen des 'Café Dröppelmina' einen Vortrag über das Wiebachtal zu halten. Gemeinsam mit dem 2. Vorsitzenden des Bergischen Geschichtsvereins, Bernhard Priggel, konnten wir anhand vieler historischer und aktueller Fotos sowohl über das geschichtliche Wiebachtal, aber auch über die derzeitige Situation und unsere Vereinsarbeit berichten.

 

Mehr Glück als im Juni hatten wir bei unserer 2. Kulturhistorischen Wanderung im Oktober, die wir im Rahmen der Aktivitäten zur 700-Jahr-Feier der Stadt angeboten hatten. Denn bei allerbestem Herbstwetter fanden sich rund 40 Geschichtsinteressierte, die mit uns auf historischen Spuren über Hummeltenbergs Mühle und den Landwehrgräben, zum ehemaligen Kupferbergwerk ‚Carolinagrube‘, zur Wiebachmühle und dem damaligen SGV-Heim auf der Himmelswiese unterwegs waren. Dank des umfassenden Wissens unseres Wanderführers Bernhard Priggel über das Wiebachtal, wurde die Geschichte des Tals und die Entstehung des Waldes im Bergischen Land anschaulich und lebendig.

 

Im November durften uns über eine großzügige Spende der Fraktion "Radevormwalder Unabhängige Alternative" (RUA) freuen. Da wir derzeit an einer Lösung für eine 'matschfrei' Querung des Panoramasteiges über die Feuchtwiese arbeiten, freuen wir uns ganz besonders über diese finanzielle Unterstützung und bedanken uns sehr herzlich bei der RUA. Anfang Dezember haben wir auch grünes Licht von der Unteren Landschaftsbehörde für unser Vorhaben erhalten, sodass wir im neuen Jahr mit der Realisierung beginnen können.

 

Auch für ein weiteres Projekt haben wir Anfang Dezember die Genehmigung der Unteren Landschaftsbehörde erhalten: der Einrichtung von „Waldrettungspunkten“ im Wiebachtal, eine Infrastruktur, die im Notfall schnelle Hilfe im Wald ermöglicht. Denn Feuerwehr, Polizei und Sanitätern sind die Koordinaten der jeweiligen Rettungspunkte bekannt, sodass sie bei der Nennung eines Rettungspunktes schnell vor Ort sein können. Dies gilt für verletzte Forstwirte genauso wie für Wanderer, Jogger, Reiter und Mountainbiker. Sie erhalten durch ein gut ausgebautes Netz von Rettungspunkten somit zusätzliche Sicherheit. Vor dem Hintergrund, dass zwei Premiumwanderwege durch das Wiebachtal führen und dies viele ortsunkundige Touristen mit sich bringt, haben wir das Thema aufgegriffen und gemeinsam mit dem Leiter der Feuer- und Rettungswache, dem Forstbetriebsbezirk, und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Stadt Radevormwald, die künftigen Standorte für die Waldrettungspunkte festgelegt.  Auch eine Befahrung des Wiebachtals mit einem Einsatzfahrzeug der Feuerwehr hat bereits stattgefunden, um die Wegetauglichkeit für nicht geländegängige Fahrzeuge zu prüfen. Die Einweihung der Waldrettungspunkte ist ebenfalls für 2017 avisiert.

 

Auf unsere Anfrage hin, hat der Wupperverband vor wenigen Tagen damit begonnen, sog. ‚Sichtachsen‘ rund um die Vorsperre freizuschneiden. Der starke Wuchs von Sträuchern und Ästen versperrte zunehmend den Ausblick auf die malerische Vorsperre. Umso mehr freuen wir uns darüber, dass die Sichtachsen nun den ungehinderten Blick auf die Wasseroberfläche und das rege Treiben der unzähligen Gänse ermöglichen.

 

Unser nunmehr achter Jahresrückblick ist nur eine kleine Zusammenfassung unserer Aktivitäten und der Geschehnisse in diesem Jahr. Sind Sie neugierig geworden? Wollen Sie mehr wissen? Regelmäßig und aktuell können Sie sich hier auf unserer Homepage oder auf unserer Facebook-Seite informieren.

 

Auch im kommenden Jahr werden uns weiter für das Wiebachtal einsetzen und brauchen hierzu viele helfende Hände, engagierte Mitglieder aber auch finanzielle Unterstützung. Deshalb freuen wir uns, wenn Sie Ihren Nachbarn, Freunden und Bekannten vom Wie­bachtal, von der Schönheit aber auch von den Nöten dieses Gebie­tes erzählen - jedes Mit­glied bestärkt die Arbeit unseres Vereins!

 

Vielleicht haben Sie aber auch Interesse, uns aktiv, zum Beispiel bei Wanderungen, Säu­berungsaktionen, Sommerfesten oder Pflanz­aktionen zu unterstützen? Dann sprechen Sie uns einfach an - wir freuen uns über jede Hilfe!

 

Wir bedanken uns bei allen Freunden und Förderern des Wiebachtals für die tatkräftige, finanzielle, insbesondere aber für die ideelle Unterstützung in diesem ereignisreichen Jahr, die uns in vielen Situationen geholfen hat, dranzubleiben, nachzuhaken, nicht aufzugeben. Denn wir sind der Ansicht, dass sich der Einsatz für den Erhalt des Wiebachtals lohnt – immer noch und immer wieder! Wie würde es hier aussehen, ohne Ihre Unterstützung?

 

Wir freuen uns auf neue Herausforderungen im kommenden Jahr und wünschen Ihnen und Ihren Familien ein gutes, gesundes und glückliches Jahr 2017.

 

Mit 'original Wiebachtaler' Grüßen

im Namen des Vorstands