IG Wiebachtal - Chronik

Kahlschlag im Naturschutzgebiet

 Januar 2014

 

 

 

Im Nationalpark Eifel wurden im September 2013 auf einer 8 Hektar großen Fläche per Kahlschlag Fichten gefällt, das entspricht etwa zwölf Fußballfeldern.


Der kahl geschlagene Fichtenwald gehörte zum Staatswald Nordrhein-Westfalen. Ein acht Hektar großer Kahlschlag ist im Landesforstgesetz verboten. Bereits eine Abholzung auf einer zusammenhängenden Fläche von mehr als 2 ha gilt als Kahlschlag, der Privatwaldbesitzern als Ordnungswidrigkeit ausgelegt und mit einem Bußgeld bestraft wird. Doch das Land Nordrhein-Westfalen hat sich für den großen Kahlschlag im landeseigenen Wald eine Ausnahmegenehmigung erteilt.

 

Am 08. Januar 2014 berichtete die ARD unter dem Titel 'Kahlschlag im Naturschutzgebiet' in der Sendung Pusminus über die Entfichtung:

(zum Anschauen des Beitrags klicken Sie einfach auf das Bild)

 

Der Beitrag legt den Verdacht nahe, dass das Land NRW den Kahlschlag vorangetrieben hat, um mit dem Holz die Kyrill-Lieferverträge zu erfüllen. Allein der österreichische Holzkonzern Klausner pocht auf die Erfüllung der 2007 vertraglich bis Ende 2014 zugesicherten 0,5 Mio. fm Fichtenholz pro Jahr und fordert bei Nichtlieferung einen Schadenersatz in Höhe von 56 Mio. €. Ebenso hat im vergangenen Jahr die Firma I.B.H. GmbH aus der Eifel das Land NRW auf Schadenersatz verklagt, sollte es die ihr vertraglich zugesprochenen 1,1 Mio. fm Fichtenholz nicht erhalten. Fakt ist, dass der NRW-Staatswald die damals zugesagten Holzmengen kurzfristig nicht hergibt.

Das NRW-Umweltministerium rechtfertigt den Kahlschlag damit, das dieser der Renaturierung des Waldes und der Bachtäler diene: die Fichten mussten weichen, damit sich Birken, Erlen und Buchen ansiedeln. Das Projekt wird mit 4,2 Millionen € Steuergeldern subventioniert. Und: im Rahmen des TERENO-Forschungsprojektes („Terrestrial Environmental Observatories“) des Forschungszentrums Jülich soll untersucht werden, wie die Umwelt auf die Entfernung eines acht Hektar großen Waldstücks reagiere und welche klimatischen Auswirkungen das habe.

Das weltweite Forschungsprojekt kostet übrigens 15 Millionen Euro über 10 Jahre!

 

Erlaubt sei hier die Frage, ob ein derartiges Forschungsprojekt in einem Nationalpark stattfinden muß? Wenn man Kahlflächen untersuchen möchte, hätte man in Deutschland nicht tausendfach Gelegenheit dazu, wenn man - statt der unter Schutz gestellten Flächen - vorhandene Windwurfflächen nähme?

 

Parallel dazu blickt die deutsche Forstwirtschaft 2013 auf das 300-jährige Jubiläum ihres grundlegenden Wirtschaftsprinzips 'Nachhaltigkeit zurück: http://www.forstwirtschaft-in-deutschland.de/jubilaeumsjahr/kampagne-300-jahre-nachhaltigkeit/

So heißt es in der Kampagne: „Aus dem vor 300 Jahren entwickelten forstlichen Wirtschaftsprinzip ist mittlerweile ein Leitbild für die gesamte globale Entwicklung geworden.“

 

Unabhängig von der Begründung für eine Entfichtung dieser Größenordnung, zeigt die Landesforstverwaltung hier anschaulich, welch skurrile Interpretationen des Begriffs „nachhaltige Forstwirtschaft“ möglich sind und es scheint es offensichtlich kein politisches Mittel gegen die Übernutzung unserer Wälder zu geben.

 

Aber auch unabhängig jedweder Detaildiskussion dürfte der Landesbetrieb Wald und Holz allen Betroffenen einen Bärendienst erwiesen haben:

 - dem Naturpark, der zunehmend droht, zur hochbezahlten forstwirtschaftlichen Freilandkultur zu verkommen und so seine Existenz ad absurdum führt,

- den landesweiten Vertretern einer nachhaltigen Forstwirtschaft, die ein weiteres eindrucksvolles Beispiel für die Doppelzüngigkeit der Landesforstverwaltung erhalten haben,

- den Naturschützern, die sich in Sachen Waldbau erneut die Frage stellen müssen, welche Teile der Natur hier eigentlich vor wem geschützt werden müssen,

- und nicht zuletzt dem Steuerzahler, deren Millionen hier auch über "Schwarz-Gelb" hinaus im Eifelboden versickern.

 

Aus unserer Sicht entsteht hier eine immer deutlicher werdende Notwendigkeit, den Erhalt des Waldes (nicht nur) in NRW zu schützen, und zwar nicht nur vor Übernutzung, sondern auch vor Bedrohung durch Politik und Verwaltung.     

 

Immer bedeutsamer wird da der Einsatz der Menschen vor Ort, die sich für den Erhalt und die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder einsetzen und gegen solch extreme Maßnahmen auf die Barrikaden gehen.

 

Sabine Fuchs

 

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